Das kennt wohl jeder – irgendein elektrisches Ding, das einem im Lauf der Zeit ans Herz gewachsen ist, gibt plötzlich den Geist auf und funktioniert einfach nicht mehr. Enttäuscht dreht und wendet man es unschlüssig hin und her, probiert dies, probiert das, aber leider erfolglos. Das Ding ist kaputt.
»Ja gibt’s denn das,« denkt man ungläubig, »grad hat’s doch noch wie selbstverständlich seinen Dienst getan. Und jetzt?«
Genau so ist es mir vor Jahren ergangen. Das “elektrische Ding” war eine liebgewordene, handliche Stichsäge, die von heut‘ auf morgen nicht mehr gesägt hat.
Nun wurde uns in der heutigen Zeit ja beigebracht, dass man kaputte Elektrogeräte viel schneller ersetzt als repariert. Nur so funktioniere das mit der Wirtschaft und der Konjunktur. Was man dabei aber völlig außer Acht gelassen hat, das war ein ganz anderer Wert: der nicht in Geld oder Zeit messbare, emotionale Wert. Dieses persönliche Lieblingswerkzeug eiskalt am Wertstoffhof in den Container für ausgediente Elektrogeräte zu werfen, wer bringt sowas schon übers Herz? Ich nicht. Also wanderte das gute Stück in einen rosafarbenen Putzeimer, war also buchstäblich “im Eimer”, aber immer noch da und bekam in der Werkstatt einen Ehrenplatz unter der Hobelbank. Gottseidank! Denn vor einiger Zeit wurde von engagierten Grafratherinnen und Grafrathern ein sogenanntes RepairCafé eröffnet. Eine großartige Sache! Leute, die vom Reparieren wirklich ewas verstehen, bieten hier ihre Hilfe an. Als ich das las, fiel mir sofort meine Stichsäge ein, die immer noch “im Eimer” war. Einen Wiederbelebungsversuch wäre es auf alle Fälle wert! Voller Hoffnung trug ich sie zu einem samstäglichen Treffen im Pfarrsaal der kath. Pfarrgemeine Grafrath unterhalb des Kindergartens St. Mauritius. Sie wurde auf einen Tisch gebettet und beim Öffnen der Verschraubungen durfte ich sogar mithelfen. Dann allerdings kamen elektrische Spezialgeräte zum Einsatz, die mir bis heute ein Buch mit sieben Siegeln geblieben sind. Menschen, die solche Geräte beherrschen, können sich meiner uneingeschränkten Bewunderung sicher sein.
Nach einiger Zeit des Messens und Grübelns stand die Diagnose ziemlich eindeutig fest: Der Schalter ist defekt. Ich dachte schon mit Grauen an die nun vermutlich doch bevorstehende “Beerdigung” meiner Stichsäge im Container für Elektroschrott, aber nein! Der äußerst hilfsbereite und einfallsreiche Mensch suchte mir im Internet eine Adresse heraus, wo es tatsächlich einen ähnlichen Schalter gab. Noch am selben Tag bestellte ich diesen Ersatz, der schon drei Tage später im Briefkasten lag. Das nächste Treffen im RepairCafé konnte ich kaum erwarten. Schon eine Viertelstunde vor meinem vereinbarten Termin stand ich mit Stichsäge und Schalter im Arm vor der Tür. Der Einbau war wegen unvorhersehbarer Probleme kniffliger als erwartet. Doch der Mann, der sich in den Kopf gesetzt hatte, meine Stichsäge zu reparieren, gab nicht auf. Irgendwann war es dann so weit. Spannender kann ein Augenblick nicht sein als dieser Moment, in dem der Stecker an den Strom angeschlossen wurde. Ebenso neugierig wie ich meinte der Mann nur: »Jetzt kommt’s auf!«
Vorsichtig betätigte er den neu eingebauten Schalter und zu unser beider Freude ratterte das Ding los wie zu seinen besten Zeiten. »Na also! Geht wieder!«, war der lakonische Kommentar des Elektroingenieurs. Von einem wunderbaren Glücksgefühl beseelt trug ich mein zum Leben erwecktes altes Werkzeug freudestrahlend heim.
Den großartigen Fachleuten im Grafrather RepairCafé möchte ich meinen herzlichsten Dank aussprechen. Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn etwas, das nicht mehr funktioniert hat, plötzlich wieder geht und einem auch weiterhin noch viel Freude machen darf.
Wer ebenfalls etwas bei sich zu Hause hat, das “im Eimer” ist, von dem man sich aber nicht trennen möchte, weil es einem – emotional gesehen – lieb und teuer ist, dann versuchen Sie Ihr Glück doch auch einmal im RepairCafé …
Text: Heiner Graf