…. von Grafrath bis an die russische Grenze: ein Reisebericht – Juni 2019
(Bericht: Gabriele Krause-Herrmann)
Im Juni 2019 machten wir uns zu zweit auf die Reise in unser Nachbarland Polen: über Berlin und Warschau ganz in den Norden bis nach Masuren – 3000 km hin und zurück mit Bahn und Bus, zu Fuß, per Schiff, im Kanu, zu Pferd, mit Kutsche – wenige Kilometer nur im Taxi oder per Autostop.
Sehr angenehm und pünktlich reist es sich im Berlin-Warschau-Express – und über Hunderte von Kilometern bekamen wir ein Gefühl für die Weite polnischer Landschaften. – In Warschau erlebten wir vom Bahnhof aus fußläufig eine autofreie Parallelwelt dicht neben der City-Skyline mit ihren autoreichen Verkehrsadern: Die pittoreske Altstadt und lange historische Prachtalleen sind einträchtig belebt durch Fußgänger, Fahrräder, E-Roller, Fahrradrikschas und Pferdekutschen.
Nach Masuren ging es dann in einem kleinen öffentlichen Bus, der von polnischen Reisenden in Wochenendstimmung bis auf den letzten Platz besetzt war. Entsprechend eng ging es zu und es schien niemand zu stören. – Angekommen im Land der 1000 Seen begann unsere Wanderwoche: Tag für Tag ca. 20 km – jeden Abend erreichten wir einen anderen Ort, einen anderen See… wir erlebten wandernd und nicht ohne Verirrungen die Tiefe der masurischen Wälder, das über-raschende Glitzern verborgener Teiche, wir trafen auf halbverlassene Dörfer und verfallende Gutshöfe, sahen Hunderte von Storchennestern und gingen kilometerlang durch die berühmten Eichenalleen aus ostpreußischer Zeit; wir erkundeten Wasserläufe mit dem Kanu und durchmaßen zu Schiff die großen Seen einen nach dem anderen. Nach stundenlangen einsamen Wegstrecken berührten wir immer wieder auch Zentren des Wassertourismus – und vor allem auch historische Spuren und bedrückende Relikte aus dem 2. Weltkrieg. Wir bekamen einen überraschenden Eindruck davon, wie im Polen der Gegenwart auf ganz eigene Weise damit umgegangen wird: So hat man in alten gigantischen Hitlerbunkern große Populationen einer geschützten Fledermausart angesiedelt; und im umgebenden Areal – eingezäunt, weil auch heute noch Minen zu befürchten sind – wird das Entstehen von Biotopen und Artenvielfalt gefördert. Schaubilder und Lehrpfade befinden sich gleich neben den Besucherwegen und Informationstafeln zu den Stätten der damaligen Kriegsmaschinerie. – Andere Zeichen der Gegenwart fanden wir überall in Form der großen und unverkennbaren blauen und goldgesternten EU-Tafeln: An jedem noch so kleinen Ort zeugen sie davon, was hier an Projekten der Infrastruktur, der Denkmalpflege etc. gerade umgesetzt wird und wirken als ständige Beweislegung, dass die EU bis an die Grenze zu Russland reicht. – Erholung pur gab es schließlich auf einer ehemals ostpreußischen Schloss-, Guts- und Pferdezuchtanlage – mit viel finanziellem Mut original und wunderschön restauriert (auch hier das EU-Schild!) – heute polnisch geführt als ein intakter und offensichtlich beliebter Hotel- und Gutsbetrieb für Familien mit Kindern, Hochzeitsreisende und Studienreisende, für Pferdefreunde und für Wanderer wie wir … Um hier nach unserer letzten Etappe anzukommen, leisteten wir uns von der Busstation aus schließlich doch noch ein Taxi.
Reisetipps: Ein paar wichtige Wörter und Sätze auf Polnisch zu können, erleichtert die Orientierung sehr und trifft auf viel Sympathie und Hilfsbereitschaft. Im Norden Polens kommt man oft nicht mit Englisch durch, und mit Deutsch noch weniger; wohl aber mit russisch…
Bei der Vorbereitung der Reise hatten wir Unterstützung durch ein kleines polnisches Reisebüro in Deutschland, wo man für uns u.a. regionale Busfahrpläne aus dem Internet recherchierte.
Will man eine richtige Rundreise machen, kann man von Masuren aus leicht per Linienbus weiter fahren bis nach Danzig und von dort zurück nach Berlin – entweder schnell per Zug oder zu Fuß entlang der Ostseeküste – aber das wird dann eine neue klimaaktive Reisegeschichte.
Bei Interesse gebe ich gern konkrete Auskunft zu Orten, Route u. Reiseveranstalter!